Häuserl am Berg
Die Geschichte eines Hauses – von Helmut Fischl
Das Objekt wurde kurz nach dem Krieg, von meiner Grosstante Paula Boschek und ihrem Gatten Hermann, die zuvor ein Kaffehaus in Wien nahe dem Prater betrieben, gepachtet. Um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, wurde ein Anbau auf das bestehende Gebäude aufgesetzt. Die Verpächter Familie Schlusche wohnte dann im rückwärtigen Teil. Der Pachtvertrag dürfte ungeschickt abgefasst gewesen sein, man war damit mehrmals vor Gericht. Ehemals war das Anwesen vermutlich eine Selbstversorgereinheit. Es gab einen Erdäpfelacker, Gemüsebeete, Obstbäume und im Garten einen Brunnen. Dieser Brunnen war auch ein Zankapfel da die Verpflichtung bestand, das Gasthaus mit Wasser zu versorgen, was in trockenen Sommern schwierig war. Die Familie Schlusche hat Ziegen Hühner und vielleicht auch ein Schwein gehalten. Herr Boschek ist dann früh verstorben und hat Schulden hinterlassen die zu jahrelangen wirtschaftlichen Problemen führten. An schönen Sonntagen waren Menschenmengen zu Gast. Schausteller zeigten ihre Künste sammelten mit dem Hut ihre Gage ein. Zur Zeit des Ungarnaufstandes wurden einige Familien beherbergt und verköstigt, das war ein gutes Geschäft. Der Lebensgefährt meiner Grosstante (Herr Pudil), kam dann irgenwie zur Berechtigung, einen Campingplatz zu führen. Sanitäranlagen und Wasserversorgung waren immer problematisch. Die Tochter der Schlusches hat dann das Anwesen geerbt und an meine Grosstante verkauft. Es wurden mehrere bauliche Veränderungen gemacht wodurch das Ensemble teils seinen Charm verlor, alles war auf Zweckmässigkeit ausgerichtet. Nach dem Tod der Grosstante hat sich Herr Pudil mit dem Erben geeinigt und den Betrieb fortgeführt aber dann verkauft. Es kam zu mehreren Bränden, die Ruine stand längere Zeit leer bevor sie abgerissen wurde. Heute existiert ausser dem Ihnen vorliegenden Gästebuch und zwei auf Zeichenpapier geschriebenen Gedichten meines Grossvaters, nur ein Brunnendeckel und eine Eibe.